Über viele Jahre hinweg mussten Banken für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Zinsen zahlen – sogenannte Negativzinsen. Um diese Kosten weiterzugeben, haben zahlreiche Kreditinstitute „Verwahrentgelte“ von ihren Kundinnen und Kunden eingefordert. Im Februar 2025 hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass entsprechende Klauseln in den meisten Fällen unwirksam sind. Für Bankkunden stellt sich damit die Frage, ob sie Negativzinsen zurückfordern können und welche Schritte erforderlich sind.
Hintergrund: Warum wurden Negativzinsen überhaupt erhoben?
Politische Entscheidung: Die EZB führte Negativzinsen ein, um die Konjunktur im Euroraum anzukurbeln. Banken sollten motiviert werden, Kredite zu vergeben, statt ihr Geld bei der EZB zu parken.
Gebühren für Banken: Ab 2014 mussten Banken dafür zahlen, wenn sie ihre Einlagen bei der EZB lagerten.
Weitergabe an Kunden: Viele Institute haben diese Belastung schließlich in Form von Verwahrentgelten an Privatanleger und Sparer weitergereicht.
Das BGH-Urteil im Detail: Der BGH hat verschiedene Urteile zu den einzelnen Sparformen entschieden:
(BGH-Urteile vom 4.2.2025, Aktenzeichen XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23, XI ZR 183/23).
Der BGH hat unterschiedliche Kontoarten betrachtet und jeweils begründet, warum Negativzinsen oder Verwahrentgelte nicht rechtens sind.
Sparkonten
Zweck des Sparens widersprochen: Sparkonten sollen vor allem dem Vermögensaufbau und Kapitalerhalt dienen. Durch Negativzinsen würde das Guthaben jedoch schrumpfen.
Unangemessene Benachteiligung: Kundinnen und Kunden können nicht mehr davon ausgehen, dass ihr erspartes Geld sicher vor Wertverlust ist.
Tagesgeldkonten
Ähnlich wie beim Sparen: Auch Tagesgeldkonten werden für sichere Anlagezwecke genutzt. Die laufende Reduzierung des Guthabens durch Negativzinsen widerspricht diesem Zweck.
Unzulässige Klauseln: Der BGH sieht hier eine zu starke Benachteiligung der Verbraucher, wenn Verwahrentgelte erhoben werden.
Girokonten
Hauptleistung des Kontos: Der BGH betont, dass bei Girokonten die Kontoführung und Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Vordergrund steht.
Transparenz gefordert: Zwar könnten Verwahrentgelte theoretisch Bestandteil des Vertrags sein, aber nur dann, wenn sie klar und nachvollziehbar formuliert sind. Nach Auffassung des Gerichts war dies bei den angefochtenen Klauseln nicht der Fall.
Bekomme ich mein Geld automatisch zurück?
Der BGH hat nicht angeordnet, dass Banken alle Verwahrentgelte eigenständig erstatten müssen. Die Verbraucherverbände sehen die Institute in der Pflicht, zu Unrecht einbehaltene Beträge zu erstatten. Einige Banken zeigen sich bislang jedoch zögerlich.
So können zu unrecht bezahlte Negativzinsen zurückgefordert werden:
Prüfen der Kontoauszüge und formloses Schreiben an die Bank mit der Aufforderung der Erstattung mit Hinweis auf das Urteil des BGH vom 4.2.2025.
Verjährungsfristen:
Normalerweise verjähren Ansprüche nach drei Jahren. Beträge aus dem Jahr 2022 könnten also mit Ablauf des Jahres 2025 verfallen.
Fazit
Das Urteil des BGH ist ein wichtiger Schritt für Verbraucherrechte. Viele Bankkundinnen und Bankkunden haben jahrelang Negativzinsen gezahlt, die laut höchstrichterlichem Urteil nun unwirksam sein können. Zwar ist es nicht automatisch garantiert, dass man sein Geld ohne Weiteres zurückbekommst, doch lohnt es sich, aktiv zu werden und den Kontakt zur Bank zu suchen. Sollte man auf Widerstand stoßen, können dich Verbraucherzentralen sowie Rechtsanwälte im weiteren Vorgehen unterstützen.
Viel Erfolg
Ihr
Wolfgang Ruch