Wer meint, dass nur den Personen ein Strafverfahren droht, die bewusst eine gesetzeswidrige Handlung begangen haben, hat weit gefehlt.
Nehmen wir einmal an, Sie sitzen mit ihren Freunden beim Grillen im Garten. Sie erzählen von Ihrem tollen Steuertrick, den Sie im Internet gefunden haben. Ihr Nachbar im Garten nebenan bekommt das mit und schwärzt Sie anonym wegen Steuerhinterziehung an.
Exkurs: Die Staatsanwaltschaft muss nach dem Legalitätsprinzip jede angezeigte oder aufgrund hinreichender Hinweise wahrscheinliche Straftat aufnehmen und Ermittlungen diesbezüglich einleiten. In diesem Ermittlungsverfahren werden alle be- und entlastenden Tatsachen von der Ermittlungsstelle (i. d. R. Verwaltungsbehörde oder Polizei) gesammelt und der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft drei Optionen:
a) Anklage erheben: Im anschließenden Zwischenverfahren haben Sie die Möglichkeit zur Stellungnahme. Hält der Vorsitzende des Gerichtes es für angemessen, wird ein öffentliches Strafverfahren (Hauptverfahren) eröffnet.
b) Strafbefehl beantragen: die rechtskräftige Verurteilung wird ohne Hauptverhandlung festgesetzt (i. d. R. bei leichten Vergehen – spart Zeit, Kosten und wird nicht öffentlich). Der Beklagte kann Einspruch erheben. Tut er dies, kommt es zum Strafverfahren.
c) Einstellen des Verfahrens (z. B. mangels Erfolgsaussicht oder wegen Geringfügigkeit)
Auch wenn Sie im oben genannten Fall komplett unschuldig sind – gemäß Legalitätsprinzip MUSS die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren einleiten. Es wird gegen Sie also zwangsläufig ein Verfahren eröffnet. In diesem Fall haben Sie keinen Versicherungsschutz über die regulären Leistungsarten der Rechtsschutzversicherung (Stichwort Vorsatzvergehen; im Übrigen sind geschätzt 2/3 aller Straftaten ein Vorsatzvergehen).
Hier ist es wichtig, unbegründete Anschuldigungen möglichst bereits im Zwischenverfahren abzuwehren. Im Zwischenverfahren sind die Ermittlungen abgeschlossen und das zuständige Gericht wägt ab, ob einer Anklage oder einem Strafbefehl stattgegeben wird.
Sie als Beschuldigter sind hier auf einen Anwalt angewiesen, Sie selbst erhalten keine Akteneinsicht und damit keine Informationen zum Sachstand. Ein qualifizierter und ggf. spezialisierter Anwalt kann das drohende öffentliche Hauptverfahren verhindern. Das erspart Ihnen nicht nur die große psychische und finanzielle Belastung. Durch die Weitläufigkeit z. B. der sozialen Medien kann ein öffentlicher Prozess weitreichende Folgen haben (Reputationsschäden, Jobverlust …). Denken Sie an den „Kachelmann-Prozess“ vor einigen Jahren – trotz Freispruch wird sein Name vermutlich noch lange Zeit behaftet sein.
Weitere Vorteile des Spezial-Straf-Rechtsschutzes sind:
– Versicherungsschutz besteht auch für Verbrechen, solange keine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist.
– Der Rechtsschutzfall tritt erst bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens ein, nicht wie üblicherweise bereits zum Zeitpunkt der Tatbegehung. Dies hat den Vorteil, dass Versicherungsschutz auch für Fälle besteht, bei denen die Tat zwar in der Vergangenheit liegt, das Ermittlungsverfahren aber erst nach Beginn des Versicherungsschutzes eingeleitet wird.
– Erstattet werden nicht nur die Kosten gemäß Gebührenordnung (RVG) sondern auch Kosten nach Honorarvereinbarung. Auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwälte bestehen in der Regel auf dem Abschluss einer Honorarvereinbarung, die den gesetzlichen Rahmen überschreiten (Stundenhonorare liegen i. d. R. zwischen 250 und 450 Euro).
– Wenn eine versicherte Person selbst als Zeuge vor Gericht aussagen muss, besteht die Gefahr, dass sich diese selbst belastet. Es besteht Kostenübernahme für den Zeugenbeistand im Spezial-Straf-Rechtsschutz.
– Gutachten von Sachverständigen können als Entlastungsbeweis dienen. Es werden Kosten für Sachverständige bis zu einem Stundensatz von 300 Euro übernommen, wodurch auch spezialisierte Sachverständige beauftragt werden können.
Um sich die Relevanz des Spezial-Straf-Rechtsschutz vor Augen zu führen, lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung der Anzahl von Ermittlungsverfahren im Laufe der letzten Jahre. Lag die Zahl der abgeschlossenen Ermittlungsverfahren im Jahr 2013 bei circa 4,565 Millionen betrug diese im Jahr 2021 ungefähr 4,88 Millionen. Dies entspricht einem Anstieg von immerhin 6,9 Prozent
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Ihr
Wolfgang Ruch
(Ich danke GermanBroker.net für die zur Verfügungstellung dieser Zusammenfassung)