Vor Kurzem wurde ich auf einer Zugfahrt unfreiwillig Zeuge eines typischen Gesprächs über Geldanlage. Ein Ehepaar in den besten Jahren diskutierte über den Aktienmarkt:
Sie: „In der Zeitung stand, der deutsche Aktienmarkt habe wieder zweistellige Renditen erzielt. Warum haben wir eigentlich keine Aktien?“
Er: „Der DAX steht doch schon auf Höchstständen – da steigen wir jetzt sicher nicht mehr ein!“
Sie: „Das hast du letztes Jahr auch gesagt.“
Er: „Ja, und jetzt steht der Markt noch höher!“
Was folgte, war weniger eine Diskussion über Finanzen, sondern über Kommunikation in der Ehe.
Doch dieser kurze Dialog zeigt ein verbreitetes Dilemma vieler Privatanleger:
- Sie besitzen nur wenige oder gar keine Aktien.
- Sie haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht.
- Sie leiten aus alten Erlebnissen ihr heutiges Verhalten ab.
- Sie misstrauen der Börse – und verpassen dadurch oft die besten Phasen.
Emotion schlägt Vernunft – warum Anleger sich selbst im Weg stehen
Aus professioneller Sicht ist die Lage eigentlich klar: Die Argumente für Aktien sind rational gut belegbar.
Doch Zahlen und Logik reichen selten aus, wenn Emotionen und Erinnerungen das Handeln bestimmen.
Viele Menschen verbinden die Börse mit Risiko, Verlust und Unsicherheit.
Dass diese Wahrnehmung oft übertrieben ist, zeigen nüchterne Fakten – aber sie ändern nichts am Gefühl.
Anleger handeln emotional, und das ist menschlich. Doch an der Börse ist genau das häufig teuer.
Blick auf die Zahlen: Der DAX ist nicht so teuer, wie viele denken
Werfen wir einen Blick auf die aktuelle Bewertung:
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des DAX liegt derzeit bei rund 18 – leicht über dem historischen Durchschnitt von etwa 17, aber weit entfernt von den Übertreibungen vergangener Jahre (wie in der Dotcom-Blase mit KGVs über 30).
Von einer gefährlichen Überbewertung kann also keine Rede sein.
Auch der DAX Kursindex – also der Index ohne Dividenden – hat im langfristigen Vergleich noch Spielraum.
Während viele Anleger vom „Allzeithoch“ sprechen, ist das oft ein relativer Begriff:
Der Performance-Index enthält die wiederangelegten Dividenden und steht deshalb höher – die reine Kursentwicklung ist deutlich moderater.
Die meistgehasste Hausse der Geschichte
Finanzpsychologen sagen: Eine Hausse stirbt in der Euphorie und wird in der Skepsis geboren.
Schaut man sich die Stimmung derzeit an, ist von Euphorie kaum etwas zu spüren.
Viele Privatanleger misstrauen dem Aufschwung, bleiben in Tagesgeld, Festgeld oder Anleihen – und verlieren real Vermögen durch Inflation und entgangene Chancen.
Gerade diese Skepsis ist aber Treibstoff für steigende Märkte:
Denn je länger Anleger zögern, desto größer wird der Nachholbedarf, wenn sie schließlich doch einsteigen.
Noch reden die Menschen im Zug oder in der Sauna nicht über ihre Aktiengewinne – und genau das spricht dafür, dass die Rallye noch nicht am Ende ist.
Wirtschaftlich spricht vieles für Aktien
Auch die konjunkturellen Rahmenbedingungen sind stabiler, als es oft dargestellt wird.
Trotz geopolitischer Spannungen und hoher Zinsen wächst die Weltwirtschaft weiter – wenn auch moderat.
Das bedeutet: Gewinne steigen, Dividenden fließen, und viele Unternehmen sind solide aufgestellt.
Hinzu kommt ein struktureller Trend:
Die jahrzehntelange Nullzins-Phase hat Anleger umdenken lassen.
Festverzinsliche Wertpapiere bringen kaum noch reale Rendite – die Aktie bleibt langfristig alternativlos, wenn es um Vermögensaufbau geht.
Oder kurz gesagt: Dividenden schlagen Zinsen.
Fazit: Emotionen erkennen – Chancen nutzen
Wer immer nur auf den perfekten Einstiegszeitpunkt wartet, steigt oft gar nicht ein.
Dabei ist entscheidend nicht der Tag des Kaufs, sondern die Zeit im Markt.
Ein breit gestreutes, professionell gemanagtes Aktienportfolio kann langfristig Vermögen aufbauen – trotz zwischenzeitlicher Schwankungen.
Merksatz:
„Die größte Gefahr für den Anleger ist nicht der Markt, sondern das eigene Verhalten.“
Wer also seine Emotionen kennt und in seiner Strategie berücksichtigt, hat bereits den wichtigsten Schritt zu erfolgreichem Investieren getan.
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Ihr
Wolfgang Ruch