Viele Immobilienbesitzer wissen gar nicht genau, was ihr Haus oder ihre Wohnung tatsächlich wert ist. Dabei kann diese Zahl entscheidend sein – etwa bei Schenkung, Erbschaft oder im Verkaufsfall. Denn das Finanzamt bewertet jede Immobilie nach klaren Regeln, und kleine Unterschiede können große steuerliche Folgen haben.
1. Drei Wege zur Immobilienbewertung
Das Finanzamt nutzt je nach Art der Immobilie unterschiedliche Verfahren, um den sogenannten Verkehrswert zu bestimmen – also den realistischen Marktwert einer Immobilie:
Verfahren | Wird angewendet bei | Grundprinzip |
---|---|---|
Vergleichswertverfahren | Eigentumswohnungen und Reihenhäuser in Städten | Der Wert wird aus Verkaufspreisen ähnlicher Objekte in der Umgebung abgeleitet. |
Sachwertverfahren | Selbst genutzte Einfamilienhäuser | Es wird berechnet, was der Neubau des Hauses heute kosten würde, abzüglich der „Abnutzung“ und multipliziert mit einem regionalen Faktor. |
Ertragswertverfahren | Vermietete Immobilien | Der Wert ergibt sich aus den erzielbaren Mieteinnahmen abzüglich Bewirtschaftungskosten, plus dem Bodenwert. |
Ein Beispiel verdeutlicht das:
Ein vermietetes Haus mit 400 m² Wohnfläche auf einem 150 m² großen Grundstück (Bodenrichtwert 500 €/m²) kann laut Ertragswertverfahren auf rund 586.000 € geschätzt werden – obwohl der Eigentümer es vielleicht auf 500.000 € geschätzt hätte.
2. Der Teufel steckt im Detail: Sachwertfaktor und Restnutzungsdauer
Im Sachwertverfahren spielen zwei Begriffe eine große Rolle:
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Restnutzungsdauer: Wie viele Jahre kann das Gebäude voraussichtlich noch genutzt werden?
Beispiel: Ein 20 Jahre altes Haus (Lebensdauer 80 Jahre) hat noch 60 Jahre Restnutzungsdauer. -
Sachwertfaktor: Dieser Multiplikator wurde zuletzt angehoben und liegt meist zwischen 1,3 und 1,5 – in teuren Lagen auch bis zu 2,0.
Das heißt: Ein Haus mit Wiederherstellungswert von 500.000 € kann so vom Finanzamt mit bis zu 1 Mio. € bewertet werden.
3. Wenn das Finanzamt zu hoch ansetzt – was tun?
Wer glaubt, dass der angesetzte Wert zu hoch ist, kann ein Gegengutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen beauftragen.
Kostenpunkt: meist 0,5 bis 1 % des Immobilienwerts.
Doch Vorsicht: Ein Gutachten garantiert nicht, dass das Finanzamt seine Bewertung ändert. Bleibt es hartnäckig, hilft nur der Gang vor das Finanzgericht.
4. Schenken, aber clever
Gerade bei Schenkungen innerhalb der Familie ist die Bewertung entscheidend – sie beeinflusst, ob und wie viel Schenkungssteuer anfällt.
Drei legale Gestaltungsmöglichkeiten können helfen:
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Steuerklausel im Schenkungsvertrag:
Wenn das Finanzamt einen höheren Wert ansetzt als erwartet, kann der Schenkende einen Teil zurückfordern – um den Freibetrag (z. B. 400.000 € bei Eltern → Kind) nicht zu überschreiten. -
Schenkung in Etappen:
Freibeträge können alle zehn Jahre neu genutzt werden. So lassen sich auch teure Immobilien scheibchenweise steuerfrei übertragen. -
Nießbrauch-Vorbehalt:
Eltern schenken das Haus, behalten aber das Nutzungsrecht. Dadurch sinkt der steuerliche Wert der Schenkung deutlich – je jünger der Schenkende, desto stärker.
5. Fazit: Wer seine Immobilie kennt, spart oft Steuern
Eine zu niedrige oder zu hohe Einschätzung kann teuer werden.
Darum gilt: Kenntnis schützt vor Überraschungen. Wer frühzeitig weiß, welches Bewertungsverfahren das Finanzamt anwenden wird, kann Schenkungen oder Erbschaften steuerlich klug planen.
Tipp:
Als unabhängiger Finanzberater kann ich helfen, den tatsächlichen Marktwert realistisch einzuschätzen und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.
Bei Fragen einfach anrufen oder eine e-mail schreiben.
Ihr
Wolfgang Ruch